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Rückfrage zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Regiotram-Projekts

Rückfrage zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Regiotram-Projekts

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der aktuellen Machbarkeitsstudie wird erstmals ein Nutzen-Kosten-Indikator (NKI) über 1,0 für das Regiotram-Projekt ausgewiesen. In der Basisvariante (Aachen Bushof–Baesweiler) lag der NKI zuvor unter dem für eine Förderfähigkeit erforderlichen Schwellenwert. Erst durch die Erweiterung in die Aachener Innenstadt – insbesondere bis zum Hauptbahnhof – konnte dieser offenbar überschritten werden.

Dazu ergeben sich folgende Fragen:

1. Auf welchen Annahmen basiert der erreichte NKI in Phase 2 konkret – insbesondere im Hinblick auf Baukosten, Fahrgastentwicklung und Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr?

2. Wurde für die Innenstadtabschnitte differenziert gerechnet oder wurden pauschal alle heutigen Busfahrgäste auf die Regiotram umgelegt?

3. Wurde eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, um die Robustheit des NKI bei veränderten Parametern (z. B. Baukostensteigerung, Fahrgastrückgang) zu prüfen?

4. Wie wird sichergestellt, dass nicht nur durch Erweiterungen mit hohem baulichen Aufwand eine rechnerische Förderfähigkeit erzielt wird, obwohl die ursprüngliche Verbindung wirtschaftlich nicht tragfähig war?

Ich bitte um eine transparente Darstellung der Bewertungsgrundlagen und eine schriftliche Stellungnahme zu den oben genannten Punkten.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort

Der Gutachter hat nach der ersten Stufe der Machbarkeitsstudie (MBS) eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen. Neben der Verlängerung durch die Aachener Innenstadt war dies auch die Abtrennung des Astes Merzbrück vom Gesamtprojekt und die Prüfung von eingleisigen Abschnitten im nördlichen Bereich.

Die Bewertung von Verkehrsprojekten erfolgt auf Basis von Verkehrsmodellen. Eingangsgrößen in den Verkehrsmodellen sind hierbei die Strukturdaten (Einwohner, Arbeits-, Schulplätze, Freizeitangebote etc.). Für Annahmen in der Zukunft (Prognosejahr des Verkehrsmodells Region Aachen ist 2030) werden diese Zahlen auf Basis bestehender Planungen (insbesondere Bebauungsplänen) errechnet. Auf Basis dieser Zahlen wird in Verkehrszellen die jeweilige Verkehrserzeugung und die Verkehrsverflechtung bzw. Verkehrsnachfrage ermittelt.

Das obengenannte Vorgehen ist unabhängig von den jeweiligen Projekten. In einem nächsten Schritt wird in zwei Zukunftsszenarien die Verkehrsnachfrage auf das Verkehrsangebot umgelegt. Das erste Zukunftsszenario enthält das voraussichtliche Verkehrsangebot ohne die Regiotram, dies ist der sogenannte Prognosenullfall/Ohnefall. Im Verkersmodell Aachen wird demnach das Verkehrsvolumen im öffentlichen Verkehr (ÖV) um 1,6 % und im Autoverkehr (MIV) um 1,0 % zunehmen. Das zweite Zukunfzsszenario enthält das voraussichtliche Verkehrsangebot mit Regiotram, dies ist der sogenannte Mitfall. Die Verkehrsströme verteilen sich entsprechend neu. Die Regiotram sorgt für zusätzlich 7.600 Fahrten im ÖV. Dabei kann es sich um Neufahrten oder Verlagerungen vom PKW handeln. ehemalige Busfahrgäste waren schon vorher im ÖV unterwegs und werden hier nicht gesondert betrachtet. Der Nutzen wird durch den Vergleich von Ohnefall und Mitfall errechnet.

Die genauen Szenarien inklusive des zur Berechnung genutzten Busangebots können Sie im Bericht zur Machbarkeitsstudie nachlesen: https://regiotram-aachen.de/sites/default/files/files/regiotram-machbarkeitsstudie-bericht-stufe-2_1.pdf

Die Baukosten wurden überschlägig auf der Basis von Einheitspreisen ermittelt. Der Preisstand ist 2021.

Eine Sensitivitätsanalyse wurde nicht durchgeführt. Auf die ermittelten Baukosten wurde zur Ermittlung des NKI ein Kostenpuffer von 30% aufgeschlagen. Dies ist der für die Untersuchungstiefe von Machbarkeitsstudien übliche Wert.

Wir sind zuversichtlich, dass die Regiotram auch in der weiteren Planung die Hürde der Wirtschaftlichkeit nimmt. Projektänderungen aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen sind dabei natürlich nicht ausgeschlossen. Weder eine Erweiterung in verkehrsnachfragestarke Gebiete, noch eine Verkürzung oder Veränderung der Trassenführung.

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Kommentare

Gespeichert von Gast am Mo., 14.04.2025 - 08:40

Hallo,
ich stelle mir bei solchen Rückfragen selbst die Frage, wie man anscheinend auf die Idee kommen kann, dass die Machbarkeitsstudien und deren Ergebnisse nicht valide seien und man diese anzweifelt? Das Unternehmen, welches die Machbarkeitsstudie erstellt hat, ist ein unabhängiges privatwirtschaftliches Unternehmen mit soliden Referenzen. Die könnten es sich gar nicht erlauben mangelhafte Studien zu erstellen, da ansonsten logischerweise deren Reputation in Gefahr geraten würde und somit auch deren eigene wirtschaftliche Existenz. Und da dort tatsächliche Experten am Werk sind, sehe ich überhaupt keinen Grund deren Expertise in Frage zu stellen.

Meine persönliche Meinung zu Ihrem Hauptkritikpunkt, dass die Regiotram nur durch die Verlängerung vom Bushof bis zum Hauptbahnhof wirtschaftlich ist: Ja und wo ist da dann jetzt das Problem? Diese kurze Verlängerung hat dann doch selbstverständlich positive Effekte auf die gesamte Strecke bis Baesweiler. Also macht diese Verlängerung doch absolut Sinn. Man muss doch Dinge soweit voran treiben bis sie eben sinnhaft werden. Sie fahren ja schließlich auch nicht 10 km zum einkaufen, um dann 500 m entfernt vom Supermarkt zu parken... Und ich würde dann nicht argumentieren: Ihr Auto lohnt sich nicht, um einkaufen zu fahren. Suchen Sie sich eine andere Alternative. Nein... Fahren Sie doch einfach die restlichen 500 m weiter, dann macht ihr Auto doch absolut Sinn...

Ich frage mich also, worauf Sie mit ihren Fragen hinaus wollen...?

Gespeichert von Gast am Mo., 14.04.2025 - 17:03

Pos. 1) + 2) der o.a. Anfrage finde ich - ehrlich gesagt - etwas merkwürdig! Auf dieser Website ist unter der Rubrik "Über das Projekt /Machbarkeitsstudien" u.a. der Schlußbericht der Gutachter zur Machbarkeitsstudie aus Juli 2023 zugänglich und downloadbar, der in Abschnitt 6 (S. 119 - 154) eine ausführliche Darstellung der Wirtschaftlichkeitsanalyse und ihrer Grundlagen bietet. Es läge m. E. doch wohl nahe, sich dort bezüglich der angesprochenen Fragen zu informieren und nicht zu erwarten, dass das alles hier noch einmal dargelegt wird. Hätte man im übrigen nur die Busfahrgäste auf die Regiotram umgelegt, so wäre der Nutzen des Projekts wohl eher zu niedrig angesetzt, da das Projekt Regiotram sicherlich das Ziel verfolgt, die Nutzung des ÖPNV zu erhöhen.
Zu Frage 3) zitiere ich aus Seite 151 des Schlußberichts: "Nach dem Verfahren der Standardisierten Bewertung wird üblicherweise sensitiv ein Risikozuschlag bei den Investitionskosten mit einkalkuliert, um unvorhersehbare Kosten decken zu können. Für diese Untersuchung wird entsprechend der vorliegenden Planungstiefe mit einem Zuschlag von 30 % gerechnet, womit ausschließlich die Planfälle 2 und 5 im wirtschaftlichen Bereich liegen."
Zu Frage 4: Die Verlängerung zum Hbf./Normaluhr ist sinnvoll wegen der Verknüpfung mit der Bahn sowie der Anbindung zahlreicher Dienststellen der Stadtverwaltung AC, der Zentralverwaltung der Städteregion in der Zollernstr. und der Viktoriaschule, dient also nicht nur besserer Wirtschaftlichkeit

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